Es ist soweit! Wir haben zum ersten mal längeren Besuch an Bord. Michi, ein Freund der mittlerweile schon öfter mit uns gesegelt ist, ist angekommen. Er hat die aufwendige Reise zu uns ziemlich gut überstanden. Er ist müde, es ist ihm heiß, trotz der Abkühlung, die er schon bekommen hat, aber ansonsten ist sein Enthusiasmus ungebrochen.

Aber alles der Reihe nach! Wir sind schon einiger Zeit mit aufräumen, putzen und bunkern beschäftigt gewesen. Es ist unglaublich, wie man sich langsam an Bord verbreitet, wenn einem den ganze Platz zur Verfügung steht. Nur jetzt muss für Michis Besuch alles verschwinden. Es muss also alles wieder ausgeräumt und neu eingeordnet werden, nachdem wir uns eine sinnvolle Verwendung des Stauraums zurechtgelegt haben. Die gründliche Reinigung hat auch einige Zeit in Anspruch genommen. Doch dies wurde alles gemeistert. Jetzt blieb nur mehr eine kleine Instandhaltung bevor Michi an Bord kommt. Es galt nämlich im Cockpittisch noch ein Sieb einzubauen, da die Originallösung nach wenigen Wochen ex gegangen ist.
Da war doch sicherlich noch genug Zeit, das Loch im Cockpittisch mit einer Feile zu vergrößern und eine neue Schicht Gelcoat aufzubringen. GFK-Staub loszuwerden erwies sich als nicht so leichte Aufgabe und dauerte etwas länger als geplant. Danach war es ein Vergnügen dieses herrlich duftende Gelcoat anzubringen, da es einem in sicherer Entfernung noch den Magen umdreht. Alles in allem ist mehr Zeit vergangen als ursprünglich angenommen, daher war es uns sehr recht als Michi eine SMS schickte, dass sein Bus eine halbe Stunde Verspätung hat.
Es war aber höchste Zeit mich auf die Socken zu machen, um rechtzeitig am Busbahnhof in San Antonio zu sein. Dort angekommen stellte ich mit Vergnügen fest, dass ich noch sicherlich zehn Minuten auf Michi warten müsste, als plötzlich jemand neben mir meinte „Hallo Eric!“. Ich schaute verdutzt ins Michis lächelndes Gesicht. Der Bus hatte zwar Verspätung, dafür war er aber deutlich schneller als im Fahrplan angegeben.
Dann ging es mit einen zwanzig minütigen Dauermarsch quer durch San Antonio, um dann mit dem Dinghi an Bord von Aroha zu kommen, die in der Bucht Moro lag. Da gab es dann auch schon den nächsten Haken. Der Wind hatte gedreht, wurde stärker und war jetzt auflandig. Dies bedeutete eine etwas feuchte Überfahrt. Die Betonung liegt in diesem Fall auf feucht im Gegensatz zu nass, da wir dieses mal mit dem Dinghi nicht U-Boot gespielt haben, wie mit einem anderen Tagesgast in Moraira.
Wie man sieht sind die Aufnahmeprüfungen für unsere Gäste nicht leicht, aber wir wollen doch ein gewisses Niveau halten!

Ab jetzt stand also der Entspannung, Pardon dem „Outchillen“ wie man auf Ibiza sagen würde, nichts mehr im Wege. In den nächsten Tagen sind wir faul in der Sonne gelegen, haben geschnorchelt, den Relingsgriller eingeweiht, kurz zusammengefasst, wir haben es uns gut gehen lassen!
Laut Wettervoraussage waren in den nächsten Tagen keine passenden Winde zu erwarten, um vor Anker in der Nähe von Ibiza-Stadt zu liegen. Es gäbe ja auch die nette günstige Marina Botafoch aber Michi war unverständlicherweise nicht bereit, 150 Euro pro Nacht dafür zu spendieren. Wir beschlossen daher, das Boot bei San Antonio liegen zu lassen und mit dem Bus dorthin zu fahren. Diesmal haben wir auch die Altstadt besichtigt und lieber auf den Cocktail verzichtet als nochmals mit dem Discobus fahren zu müssen.

Es war nun Zeit in Richtung Formentera, wo wir eine Boje reserviert hatten, aufzubrechen. Diese Bojen sind auf den gesamten Balearen in manchen Buchten ausgelegt worden. In diesen Buchten ist es verboten frei zu ankern, dafür sind die Bojen kostenlos. Dies geschieht im Rahmen des EU Projekts Posidoniaslife, wo dieses Seegras geschützt werden soll. Wir lagen schon auf Menorca an einer solchen Boje und waren von dem Ganzen begeistert.
Leider nicht auf Formentera, die Bojen in der Bucht von „Cala Salida“ waren eine absolute Frechheit! Der Tag war bisher super verlaufen, es war ideal zum segeln und wir waren bis dahin guter Laune. Bei unserer Ankunft wurde uns unsere Boje zugewiesen, da machten wir auch fest. Wir waren nicht begeistert, da die nächste Boje keine zehn Meter hinter uns lag. Diese ist für kleinere Schiffe gedacht, aber trotzdem viel zu nahe.
Bei näherer Betrachtung stellte sich dann heraus, dass wir an der falsche Bojen lagen, was sich eindeutig auf Grund der Farbe feststellen ließ. Dies war nämlich eine Boje für Boote bis dreißig Meter!! Unvorstellbar wie sich das ausgehen sollte! Nach einer weiteren Rückfrage verlegten wir uns zu unserer richtigen Boje. Da kam uns nur mehr das Grausen. Es lag bereit ein Motorboot mit einer ausgefahrenen Gangway dort und ein weiteres Segelboot auf der anderen Seite, dies konnte sich bei einer Winddrehung nicht ausgehen. Wir beschlossen kurzerhand uns lieber in die nahe gelegene Bucht „Saona“ zu verlegen.

Wir hatten noch genug Zeit bis zum Sonnenuntergang, um einen schönen Platz zu finden. Als wir näher kamen, wurde uns klar das die Bucht selber für uns nicht in Frage kommt. Diese ist zwar wunderschön mit kristallklarem Wasser auf sandigem Boden. Aber Sardinen in einer Dosen liegen nicht derartig kuschelig nahe wie die Boote es dort taten. Dies bedeutete für uns wegen Überfüllung geschlossen. Doch kann man auch, wenn das Wetter es zulasst, wie es der Fall war, in einiger Entfernung statt auf fünf Metern auf zehn Metern absolut sicher und ruhig ankern. Dies taten wir auch.
Kaum hatten wir unser Ankermanöver beendet, als ein etwas älteres Paar auf einem benachbarten kleinen Motorboot anfing, uns unverständliche Sätze zuzurufen. Der Wind, die Wellen und die etwas zu große Entfernung machten jeglichen Versuch zunichte. Sie fingen nach einer Weile mit verzweifelten „Tänzen“ an, doch wir verstanden nur Bahnhof. Eins war sicher, sie dürften ein Problem haben oder den gewaltigsten Drang zur Kommunikation, den ich je gesehen hatte! So kam es, dass statt baden zu gehen, was wir in der vorherige Bucht wegen der Wasserqualität unterlassen hatten, das Dinghi ins Wasser gelassen wurde und Michi und ich hinüber ruderten.
Wie es sich herausstellte, hatten ihre Batterien das zeitliche gesegnet und sie saßen fest, da es an dieser Stelle keinen Handyempfang gab. Da wir auch keinen Empfang hatten, boten wir an, sie in den nächstgelegenen Hafen abzuschleppen. Was für eine Ironie, dass der Hafen direkt neben der Bucht liegt, die wir gerade verlassen hatten. Es gibt Tage mit und eindeutig Tage ohne, solch einen Tag dürften die beiden wohl erwischt haben, da sie auch noch ihren Anker aufgeben mussten, weil sie ihn nicht mehr herausbekamen. Wir versuchten am nächsten Tag beim schnorcheln, diesen wieder zu finden, doch waren wir chancenlos.
Mit dem kleinen Boot im Schlepptau kamen wir vor dem Hafen an, da fing es erst recht an lustig zu werden, da die Fähren direkt von der Hafenausfahrt auf volle Geschwindigkeit gingen. Eine wirklich tolle Schaukelei, ich kann mir in dieser Situation kaum was besseres vorstellen! Nach kurzer Zeit kam uns ein schnelles Boot aus dem Hafen entgegen und wir dachten schon, es sei die Hilfe, die das italienische Paar angefordert hatte, doch es kam ganz anders! Es handelte sich offensichtlich um die Hafenaufsicht, die uns kurz und bündig aufforderte, den Schnellfähren und hauptsächlich der Ankommenden aus dem Weg zu gehen. Kurz zusammengefasst: Schleicht euch! Es geht halt nichts über Massentourismus! Eines muss man dieser nette Hafenaufsicht lassen, nein blind sind sie nicht, da ich ihnen gezeigt habe, dass wir jemandem im Schlepptau haben, sondern die Aufforderung kam nach einem kurzen Blick auf unsere Nationale (Nationalflagge) in einem den Umstände entsprechend gutem französisch.
Ich war sprachlos, doch da kam aus meiner Crew die unglaubliche Frage, welche Fähre. Dies verschlug mir endgültig die Sprache. Hinten kam gerade eine Schnellfähre (Katamaran), die von vorne aussah, wie eine riesige Spinne und dazu noch so groß wie ein Hochhaus.
Nach kurzer Zeit war unser Teil erledigt, da das kleine Boot vor Anker direkt neben der Hafeneinfahrt lag, wo sie die weitere Hilfe hin beordert hatten.
Nach einer weitere Stunde lagen wir dann endlich wieder an der ersehnten Stelle nahe der Saona Bucht. Zum Abschluss dieses Tages wurde dann doch noch gebadet, obwohl die Sonne schon längst untergegangen war.

Von diesem Ankerplatz machten wir Tagesausflüge, gingen schnorcheln und ich nutze die Gelegenheit das Unterwasserschiff zu putzen oder mindestens damit zu beginnen. Das Antifouling, das hier verwendet wurde, dürfte nicht das Beste sein und entsprechend sieht unser Boot leider aus. Dies wurde mir durch den Freediver, ein Tiefschnorchelgerät das wir uns zugelegt haben, ermöglicht. Während dieser Arbeit dürfte es in der weitere Umgebung keinen Fisch mehr gegeben haben, da sie sich alle um unser Boot regelrecht herum drängelten. Die abgekratzten Muscheln, Pocken und Co. hat ihnen derart gut geschmeckt, dass es für sie wie Weihnachten und Ostern gleichzeitig sein musste. Nach einer Weile hatte ich den Eindruck beobachtet zu werden. Als ich mich dann umdrehte, befand ich mich Auge in Auge mit einem etwa dreißig Zentimeter großen Fisch, den wir später als Drückerfisch identifiziert haben.
Dieser Fisch sieht toll aus, doch war nach einer Weile sein Interesse an mir sehr groß sogar etwas zu groß. Ich begann schon zu überlegen, wie ich ihm oder doch vielleicht ihr klarmachen konnte, dass er/sie nicht ganz mein Typ ist, als er/sie begann in die Bürste zu beißen, die ich in der Hand hatte. Es stellte sich nach kurzer Zeit heraus, dass die Bürste nicht schmeckte, doch da begann mich das noch gewachsene Interesse an meiner Person leicht zu beunruhigen! Nicht das ich Angst hatte als Ganzer gefressen zu werden, doch nach den Spuren zu urteilen, die in der Bürste hinterlassen wurden, konnte meine neue Freundin ordentlich zwicken, da kam mir ein geordneter Rückzug empfehlenswert vor.
Dieser stellte sich jedoch etwas schwieriger dar, da ich in voller Montur (Schnorchel, Flossen und Lungenautomat) war und nicht zu lange unbeweglich bleiben wollte. Ein „Angriffsversuch“ mit der Bürste, um den Fisch zu verscheuchen, wurde nicht mit Flucht quittiert sondern mit einer Gegenangriffsposition! Es wurde eindeutig Zeit aus dem Wasser zu kommen. Mein Aufstieg aufs Boot hatte schon gewisse Ähnlichkeiten mit dem Sprung eines Delfins. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich besser.
An diesem Abend ging keiner von uns mehr ins Wasser, da alles was wir hinein warfen sofort angeknabbert wurde. Meine neue Freundin schien sich unter der Aroha zu unserer allergrößten Freude wohl zu fühlen. Wir versuchten diesen Drang auszunutzen und den Fisch mit einem Eimer zu fangen, der ein Loch hatte, durch das wir ein Seil mit der Bürste als Köder durchgesteckt hatten. Aber so dumm beziehungsweise so langsam war sie dann auch wieder nicht. Sie biss zwar in die Bürste, schwamm aber sofort davon, als der Eimer angezogen wurde. Beim zweiten Versuch hätten wir sie beinahe erwischt, danach hatte sie den Schmäh aber kapiert und den Eimer gemieden. Da wir sowieso nicht wussten, ob man diese Sorte essen kann, gaben wir nach einiger Zeit auf.

Michis restlicher Urlaub verlief dann doch ruhiger. Wir segelten an der Westküste Ibizas hoch und runter. Da gibt es mehrere phantastische Buchten. Unter anderem auch die Beniras Bucht, wo jeden Abend der Strand von „Hippies“ besetzt wird, um den Trommlern zuzuhören. Die Stimmung dort sei es am Strand oder an Bord ist einfach grandios.
Für Michi wurde es Zeit schweren Herzens, die Rückreise anzutreten und für uns wurde es höchste Zeit unsere Reise fortzusetzen.