Alte Freunde
Für unsere Reise verzichten wir gerne auf viele Annehmlichkeiten, die wir zu Hause hatten, Auto vor der Haustür, Geschirrspüler, Unterhaltungen einer Großstadt und vieles mehr. Nur die Trennung von unseren Freunden macht uns am meisten zu schaffen. Daher tut es uns umso mehr leid, dass wir nicht mehr zurück nach Frankreich fahren werden, um dort einige Freunde zu treffen insbesondere unsere Nichte Naima, die ein Jahr in Amerika war und die wir daher ein Jahr lang nicht gesehen hatten.
Dafür freuen wir uns sehr, dass wir am 4. Juli Christian, genannt Crisu, Brigitte, Diane und Helena treffen. Sie haben uns sofort in das Haus von Crisus Vater und Stiefmutter, bei denen sie gerade Urlaub machen, zum Abendessen eingeladen. Das Tratschen mit Freunden hat uns schon sehr gefehlt und so müssen sie sich stundenlang unsere Geschichten anhören. Das schreckt sie aber nicht ab, denn wir dürfen noch mehrmals kommen und außerdem sind sie auch noch mit uns einkaufen gefahren, sogar später bis nach Denia, damit wir unseren Großeinkauf machen können.
Und am Dienstag sind sie unsere ersten Segelgäste. Der Hinweg nach Moraira, wo wir mittags zum Baden und Essen halt machen, ist mit einem angenehmen Wind von hinten sehr gemütlich, nur für den Rückweg dreht der Wind nicht wie angekündigt und wir müssen mit Schräglage gegen den Wind ankreuzen. Aber alle stehen es tapfer durch.
Neue Freunde
Wir sind nach Spanien gesegelt, da wir nicht länger in Frankreich bleiben wollten, weil wir auf dem teuren Pflaster sonst bald pleite gewesen wären. Daher brauchten wir einen anderen Zielort für den Mast unseres Windgenerators. Wir sind erst seit kurzem Mitglieder bei Trans Ocean (TO) einem Verein der Hochseesegler unterstützt. Bisher hatten wir keinen Kontakt mit TO, da sie in Frankreich keinen Stützpunkt haben. Aber in Spanien gibt es laut Internet einen Stützpunkt sogar in Denia, im Real Club Nautico, das unweit von Javea ist. Wir rufen also sofort Gaby Herzog, die Stützpunktleiterin, an, ob es möglich wäre an den Stützpunkt ein 3m! langes Paket zu senden, weil wir sonst keine Zieladresse in Spanien haben. "Aber sicher, schickt es doch einfach zu mir nach Hause", antwortet sie und gibt uns ihre Adresse. Wir können also beruhigt nach Spanien segeln. Erst später fällt uns ein, dass wir gar nicht gefragt haben, wie wir den Mast von ihr zu Hause zum Hafen bringen können. Aber Gaby hat alles erledigt. Beim Einlaufen in die Marina rufen wir sie an und bevor wir noch von falschen Liegeplatz, den der Marinero uns gewiesen hat, auf den danebenliegenden richtigen überwechseln können, steht sie schon mit Tochter JJ und dem Mast! am Steg. Den Hafenplatz hat sie natürlich auch organisiert. Wir bekommen noch Infos über Denia, wo ist was, wo können wir einkaufen und über die gerade stattfindende Fiesta mit Paellawettbewerb, Prozessionen, Stier-ins-Meer-springen und Stierlauf durch den Ort. Das einzige, das Gaby nicht geregelt hat, ist das Wetter. Es regnet den ganzen Nachmittag und auch am Donnerstag, weshalb wir mit dem Stellen des Mastes nicht beginnen können. Am Abend hört es auf zu regnen und wir besichtigen Denia. Beim Stier-ins-Meer-springen necken junge Männer des Ortes den Stier so lange bis er ins Wasser springt. Manchmal hüpfen die junge Männer notgedrungen nur knapp vor ihm ins Meer. Der Stier wird dann von einem Ruderboot mit drei Männer an Bord "aufgefischt", indem sie ihn am Halsband packen und Richtung Stallungen zurück schleppen. Wir begnügen uns damit den abgezäuntem Schwimmbereich einzusehen, denn für mehr müssten wir in die Arena gehen , aber das Ganze war nicht so sehr unser Ding. Wir wandern weiter und gelangen in die auf einem Hügel gelegenen und von Stadtmauern gesäumte Altstadt. Dort hören wir in der Nähe Kirchenglocken läuten. Wir finden die Kirche, vor der bereits eine Menschenmenge versammelt ist, um an der Prozession teilzunehmen oder zuzusehen. Wir machen ein paar Photos und ziehen weiter.
Wir treffen Gaby und ihren Mann Thomas zunächst im Clubzelt des Hafens auf einen Aperitif anschließend führen sie uns zum Essen in ein typisches Tapaslokal in Ondara, einem Nachbarort, das bei Einheimischen sehr beliebt ist, aber auch schon von Touristen als Geheimtipp gehandelt wird. Ab dem nächsten Tag beginnt dann das TO-Betreuungsprogramm so richtig intensiv zu werden. Am Freitag, besuchen sie uns gegen Mittag, dabei erwähnen wir beim Plaudern, dass wir noch ein drittes Reff ins Großsegel nähen lassen müssen. Sofort ruft Gaby einen Segelmacher an und überredet ihn, das heute noch zu erledigen, weil wir am Montag schon weiter müssen. So schnell geht hier normalerweise nur selten etwas. Selbstverständlich spielen sie dafür auch noch das Taxi und unsere Wäsche dürfen wir auch bei ihnen waschen, weil es in Denia keine Münzwäscherei mehr gibt und wir fast nichts sauberes mehr zum Anziehen haben (über den Geruch der Wäsche schweigen wir lieber).
Am Abend fahren wir wieder nach Ondara, wo ab 23 Uhr in der örtlichen Stierkampfarena die Jugendlichen des Ortes, die gerade 18 geworden sind, in die Gesellschaft eingeführt werden. Der Mittelpunkt sind die 18-jährigen Mädchen, die Burschen sind in dieser Zeremonie auch vorgesehen, werden aber eher als Statisten degradiert und dienen lediglich als Begleiter für die Mädchen. Zusätzlich werden auch noch Kinder im Kindergartenalter präsentiert. Die Mädchen tragen alle ähnliche Ballkleider. Diese Kleider und ein zweites, das noch bei einer anderen Gelegenheit getragen wird, zusammen mit den Schuhen, dem Schmuck und was sonst noch dazugehört, werden schon Tage vorher im Elternhaus ausgestellt und alle Verwandten und Bekannten kommen vorbei um die Sachen zu bewundern oder vielleicht auch zu schätzen, wie viel die Familie sich leisten kann.
Diese Einführung in die Gesellschaft ist in ein Rahmenprogramm eingebettet. Die Kulissen, die Choreographie, die Kostüme und Texte, alles wird von Jugendlichen aus dem Ort gemacht. Die Texte sind auf valencianisch, der hiesigen Sprache, die auch im Amt, in der Schule und der Universität verwendet wird. Spanisch gilt als Fremdsprache. Nach der Eröffnungssequenz, in der mit weißer Toga, weißem Umhang und weißen hochgeschnürten Sandalen kostümierte Jugendliche Laternen tragend mit gemessenen Tanzschritten umhergehen, krönt die "Prima donna" des Vorjahres die Heurige, deren Begleiter und eines der kleinen Mädchen, die dann jeweils ein Gedicht oder einen Text vortragen. Die Prima donna wird theoretisch gewählt, praktisch steht sie aber bereits vorher fest. Denn sie muss bei allen lokalen Veranstaltungen des Jahres präsentieren und den Ort auch in den Nachbarorten vertreten. Und das können und wollen sich nur sehr gut situierte Familien leisten. Nach der Krönung treten die Prima donnas der Nachbargemeinden jeweils mit einer Hofdame auf, gratulieren der neuen Prima donna und überreichen Geschenke. Anschließend werden die Debütantinnen und deren Begleiter vorgestellt, ein Feuerwerkskörper abgeschossen, Schleifen umgebunden und Blumen bzw. kleine Körbe für die Kinder überreicht. Zwischen den einzelnen Abschnitten gibt es immer wieder choreographierte Einlagen und zum Abschluss des ersten Teiles tritt nochmals jedes Paar mehr oder weniger elegant vor an die Rampe, Foto und Abgang über die Stufen. Nach einer Pause tanzen die Debütanten zu spanischen Schlagern oder imitieren bekannte Schlagersänger. Und zum Schluss findet noch ein Feuerwerk statt.
Spanisch ankern
Montag Mittag ist der Windgenerator einsatzbereit und wir verlassen Denia und segeln in die Bucht von Moraira. Gaby und Thomas haben uns auch die weiteren Tage in Denia noch betreut und sorgen für uns auch in Moraira. Sie gehen mit uns Eis oder Abendessen, kaufen auch Sachen für uns ein, die dann an Bord geliefert werden und jeden Tag wurde zur Krönung des Tages auch noch ein Feuerwerk abgeschossen.
Apropos Feuerwerk, wie Thomas uns erklärte, hat TO keine Kosten und Mühen gescheut, um uns jeden Abend ein Feuerwerk zu bieten. Und was für welche! So großartige Feuerwerke haben wir noch nie gesehen. Mindestens ein Viertelstunde lang und manche sogar mit Musikbegleitung. So erhellten bei einem hunderte Raketen den Himmel zu "König der Löwen", "Phantom of the Opera" und noch einem dritten Musikstück. Thomas machte uns noch Gusto auf mehr, da er meinte, dass die Größe der Feuerwerke mit der Dauer der Mitgliedschaft zunehmen würde. Da können wir uns ja auf etwas gefasst machen.
Da wir üblicherweise vor Anker liegen, müssen wir mit unserem Dinghi an Land fahren. Unser Beiboot ist sehr klein, weil wir ab der Karibik ein spezielles Beiboot benötigen, das die starke Sonnenstrahlung erträgt und das dort günstiger zu kaufen ist als in Europa. Eines Abends, Gaby kam am Nachmittag zu uns auf die Aroha, fahren wir zu dritt bei etwas Wind und Wellengang an Land. Bei jeder zweiten Welle werden wir geduscht und als wir ankommen sind wir waschelnass und können im Dinghi ein Bad nehmen.
Am Wochenende segeln Gaby und Thomas mit ihrer Abraxas, einer Nauticat, nach Moraira und verbringen dort das Wochenende mit uns. Es ist schön, Freunde zu haben!
Zu dieser Zeit haben wir den Begriff "spanisch ankern" geprägt. Selbstverständlich gibt es auch Nichtspanier, die so ankern, aber hier in Spanien sind die Spanier natürlich mehr vertreten. Um korrekt zu ankern, stellt man das Boot mit dem Bug in die Windrichtung, lässt bei Rückwärtsfahrt den Anker fallen und steckt genügend Ankerkette. Um ein Boot sicher liegen zu lassen sollte mindestens die 3-fache Wassertiefe gesteckt werden außer es gibt weder Wind noch Wellen und es handelt sich nur um einen Badestopp.
Spanisch ankern bedeutet, dass man den Anker ins Wasser wirft, natürlich ohne die Windrichtung zu berücksichtigen sondern man schaut einfach nur, wo eine Parklücke ist. Kette wird üblicherweise auch nicht genug gesteckt und bei Motorbooten wird der Höhepunkt erreicht, da sobald der Anker den Boden berührt hat, das Manöver beendet ist. Manche treiben sofort ab, andere erst, wenn Wind aufkommt. Oftmals bemerken sie es erst, wenn die Leute auf dem Boot, auf das sie zutreiben zu schreien beginnen. Dann starten sie den Motor fahren ein Stück weg und dann geht es wieder von vorne los. Olé!
Seltsamerweise wird dieses Verfahren nur vom männlichen Geschlecht angewandt, vom weiblichen könnte man sogar noch was dazulernen. Ola!