18.11.2009: Die Zeit vergeht wie im Flug. Tagsüber sind wir größtenteils mit Arbeiten am Boot beschäftigt. Eric bastelt und ich darf halten, Werkzeug suchen und fünfmal täglich in die Ferreterias (Eisenwarenladen) laufen, weil irgendetwas fehlt. Leider bekommt man nicht alles in einer Ferreteria, so muss ich den halben Ort ablaufen, bis ich das gewünschte gefunden habe oder auf den anderen Booten oder bei Andy schnorren gehen, weil das Zeugs in Gomera nicht zu kriegen ist. Glücklicherweise ist der Ort nicht sehr groß!

Jedenfalls installieren wir einen neuen Laderegler für die Lichtmaschine, denn wenn der Motor läuft, ladet er nur in den ersten Minuten mit ca. 36 A in die Batterien, um dann sehr rasch auf wenige Ampere hinunter zuschalten. Das ist natürlich sehr ineffizient. Mit dem neuen Laderegler wird die Ladespannung an den Batterien optimiert und so „verlustfrei“ geladen. Dazu muss aber die Temperatur der Batterien als auch der Lichtmaschine überwacht werden, damit es nicht zu einem Schaden kommt. Dafür muss Eric aber die Lichtmaschine auseinander nehmen, ein Kabel anlöten und alles wieder zusammensetzen. Er schwitzt ziemlich dabei! Aber glücklicherweise funktioniert alles wieder. Wir müssen nur die Lichtmaschine fünf mal in den Motor wieder ein- und ausbauen, weil zuerst haben wir plötzlich eine Kabel übrig, von dem wir nicht wissen, wo es hingehört. Anhand der Fotos, die wir vorsichtshalber gemacht haben, können wir aber feststellen, dass dieses Kabel schon vorher nur in der Luft hing. Dann fällt uns eine Mutter hinunter, die wir aber nicht mehr finden können, dann verklemmt sich ein Kabel und so geht es lustig weiter.

Um unsere Stromversorgung zu optimieren, haben wir auch neue Batterien bestellt. Nur ist jetzt eine Batterie so groß wie vorher alle drei zusammen waren. Daher baut Eric mit Unterstützung von Charly von der Bomika und dessen Werkzeug ein neues Batteriefach. Das ist ziemlich aufwendig und nimmt viel Zeit in Anspruch. Währenddessen kaufe ich gemeinsam mit Lisa von der Bomika Stoff ein und wir oder genau genommen nähen tut dann nur Lisa, machen Vorhänge als Sonnenschutz im Cockpit und Mückenschutz für die Einstiegsluke. Und einen wunderschönen Hängestauraum für Brillen, Kabel und den ganzen kleinen Krimskrams, der sonst ständig irgendwo herum kugelt und den man dauernd suchen muss. Außerdem klappern wir die Läden ab, um sonst noch brauchbares und nützliches für das Bordleben zu finden. Auch der Amateurfunk muss endlich installiert werden. Doch da gibt es eine Herausforderung, was man als Masse, das ist der Gegenpol zum Funk, verwendet. Kupferplatten oder Schwämme unterhalb des Bootes mögen wir nicht, da wir dazu erstens das Boot aus dem Wasser holen, was in Gomera gar nicht möglich wäre, da die keinen so großen Kran haben, und andererseits ist jedes Loch im Bootsrumpf eine potentielle Gefahrenquelle. Deshalb möchte Eric eine speziellen Kupferfarbe auf der Innenseite des Rumpfes aufstreichen. Doch diese gibt es nur bei Yachtfunk, einer deutschen Firma. Eric ruft dort an und erfährt, dass der Chef und sein Mitarbeiter gerade in Gran Canaria sind, um die Boote für die ARC (eine Regatta für Fahrtensegler über den Atlantik) auszurüsten. Sie haben aber nur ausreichend Farbe für die bestellten Arbeiten mit. Ende November fliegen sie zurück, dann können sie uns die Farbe und die restlichen Sachen (Kabeln, Anschlüsse, Kupferband) zusenden.

Abends treffen sich die TO-Mitglieder manchmal mit Andy auf ein Bier und so lernen wir viele andere Segler kennen. Einige planen so wie wir um die Welt zu segeln, andere können leider nicht so lange aus dem Beruf aussteigen und machen daher „nur“ die Atlantikrunde und andere leben mehr oder weniger bereits fest im Hafen. An anderen Abenden lädt man sich gegenseitig nach dem Essen auf ein Glas Wein ins Cockpit ein, um Erfahrungen auszutauschen und zu plaudern. Besonders häufig sind wir aber mit den Bomikas zusammen und bekochen uns gegenseitig. Ende November veranstaltet Andy ein Grillfest. Jeder bringt mit, was er essen oder trinken möchte, sowie ein bisschen Salat für alle. Alle nicht nur die TO-ler sind eingeladen und es wird eine bunte internationale Runde. Auch einige Ruderer nehmen teil. Es wird ein sehr lustiger und unterhaltsamer Abend.

Apropos Ruderer. Es gibt einige Wahnsinnige, die über den Atlantik RUDERN! Einige sogar alleine. Das geht natürlich nur, weil Wind und Strömung Richtung Karibik gehen. Aber es dauert trotzdem mehrere Monate bis sie in Antigua ankommen werden. Wie ihr auf den Fotos sehen könnt, sind die Boote geradezu winzig und äußerst spartanisch ausgestattet. Da merkt man erst, wie luxuriös wir dagegen unterwegs sind. Sie sollen Anfang Dezember starten, der Start wird jedoch ständig verschoben. Zuerst sind die Boote nicht fertig, dann passt das Wetter nicht (da ich diesen Artikel erst nach unserer Abreise von Gomera schreibe, kann ich verraten, dass sie bis dahin immer noch nicht los gerudert waren).

Da ich nicht schwindelfrei bin, geht Eric mit Henning und Christian von der Big Bully, dem Boot, das eine zeit lang unserem am Steg gegenüber liegt, zum Wasserfall wandern.
Es ging von Hermigua den Baranco (Tal) entlang bis zum Wasserfall und neben diesem steil nach oben bis nach El Cedro. Die Wanderung war für einige ziemlich anstrengend, Henning dagegen flog förmlich davon. Nach einer kurze Runde oben wanderten sie übers nächste Baranco wieder nach Hermigua hinunter. Die Wanderung dauerte fünf Stunden und Eric war völlig erledigt als er zurück kam.

Jeden Sonntag besuchen wir Helga in Hermigua. Als Adventskranz verwendet sie eine Glasschüssel mit Weihnachtsschmuck und vier Teelichter als Kerzen. Auch Lisa und Charly kommen einmal mit. Helga verwöhnt uns zur Feier des Tages mit einer selbst gemachten Paella. Es ist die Beste, die wir bisher gegessen haben. Während des Essens wundern wir uns, woher wir es quaken hören. Gibt es hier in der Nähe Frösche? Es klingt, als ob sie im Orangenbaum sitzen würden. Und Helga bestätigt, dass dort gerne kleine Frösche hausen. Zuerst können wir sie im dunklen Laubwerk nicht finden, aber dann entdecken wir einen nach dem anderen.
Vor der Jause, ich habe Topfengolatschen gebacken, machen wir noch einen kleinen Spaziergang zur nahe gelegenen Kapelle.

An meinem Geburtstag am 3. Dezember gehen wir mit Lisa und Charly in ein sehr gutes Steakrestaurant essen. Sie schenken mir selbst gebastelten Weihnachtsschmuck. Da sieht es in unserem Salon gleich viel schöner aus.

Etwa zehn Tage vor Weihnachten, ich komme gerade mit Helga von einem weiter entfernten Supermarkt zurück, sehe ich, wie die Marineros den Kaktus vor dem Eingang mit Weihnachtsschmuck dekorieren. Das schreit natürlich nach einem Foto! Endlich haben wir das passende Motiv für unsere Weihnachtsglückwünsche gefunden.

Am Samstag vor Weihnachten findet vor der Kirche in San Sebastian ein Krippenspiel statt. Kinder aus dem Ort und Musikgruppen aus ganz Gomera nehmen daran teil. Das Ganze wird auch auf eine Leinwand, die an der Kirchenfassade aufgespannt ist, übertragen. Da wir die Geschichte ja kennen, macht es nichts aus, dass wir kein Spanisch verstehen. Anschließend setzen wir uns noch auf der Plaza zusammen und hören einer der Musikgruppen zu. Denn die Teilnehmer am Krippenspiel haben sich in der Stadt verteilt und machen weiter Musik. Die Stimmung ist ausgezeichnet.

Am nächsten Tag sind wir zu Pascuales Geburtstagsfest in Hermigua eingeladen. Außer Lisa und Charly kommt auch noch Bernhard mit. Ursprünglich sollte das Fest an einem Grillplatz in der Nähe stattfinden. Da der Wind dort aber alles davon weht und es auch noch regnet, wird es auf den Festplatz des Ortsteils verlegt, in dem Helga und Pascual wohnen. Da gibt es auch einen überdachten Bereich. Nur die Schweinshaxe bleibt am Feuer des anderen Grillplatzes bis sie nach etwas fünf Stunden fertig gebraten ist. Wir kommen zu Mittag an und werden sofort mit Helgas Orangensaft und Molke, gegrilltem Schweinefleisch mit Kartoffeln, Yamswurzeln und natürlich Mojo verwöhnt. In einem Eck köchelt eine Eintopf mit Gemüse und Fleisch vor sich hin, der erst am Abend mit Gofio angereichert serviert wird und am Holzkohlengrill wird laufend Fleisch gegrillt. Es ist nur schade, dass wir uns mit den meisten Freunden und Verwandten nicht unterhalten können, da diese ausschließlich spanisch sprechen. Nur mit Monika, die Kinderbücher illustriert und ihr Mann Uwe, Freunde aus Deutschland, die in Hermigua leben, können wir plaudern. Monika schenkt den Bomikas und uns eines ihrer Kinderbücher, das die Geschichte des Geckos Pedrito in der Bananenplantage in vier Sprachen (deutsch, spanisch, englisch und französisch) beschreibt. Die Erzählung und die Bebilderung haben uns sehr gut gefallen, es ist sehr einfühlsam geschildert und gemalt. Später machen wir einen Verdauungsspaziergang mit Helgas Hunden und kurz nach Sonnenuntergang wird die Stelze serviert. Obwohl wir total satt sind, riecht sie so köstlich, dass wir doch noch davon essen wollen. Bevor wir gehen, müssen wir noch den Eintopf kosten. Auch er schmeckt ausgezeichnet. Die Gomerer wissen zu feiern und vor allem zu speisen!

Inzwischen sind auch endlich die Teile für den Amateurfunk aus Deutschland eingetroffen und wir können mit dem Verlegen der Kabeln und des Kupferbandes, der Reinigung und dem Anstrich auf dem Innenrumpf mit Kupferfarbe beginnen. Auch ein Regal, um die Funkgeräte unterzubringen, muss noch gebastelt werden. So trifft es sich gut, dass das Wetter schon seit Tagen eine Abreise aus Gomera nicht zulässt. Der Wind bläst sehr stark und immer aus dem Süden, wohin wir ja segeln wollen. Und außerdem regnet es ständig. So haben wir noch eine Chance alle Arbeiten abzuschließen.

Am Abend vor Weihnachten laden uns Lisa und Charly zu ihren köstlichen Bruschettas ein. Auch Maggie und Walter mit ihrer Hündin Miss Nelson sind dabei. Es ist lustig zuzuschauen, wie die Katzen und die Hündin einander belauern.

Den Weihnachtsabend verbringen wir bei Lisa und Charly am Boot. Wir haben gekocht und es gibt zuerst Lachs mit Oberskren, dann Karotten-Orangensuppe, Rindsmedaillons mit Portweinsauce und Kartoffeln und als Nachspeise Nusskuchen mit Weichseln. Lisa hat das Boot weihnachtlich geschmückt und spielt ihre einzige Weihnachtslieder-CD. Es ist beinahe Mitternacht, bis wir alles aufgegessen haben.
Andy hat für die Segler, die nicht alleine feiern wollen, eine Weihnachtsfeier arrangiert. Mit Bierfass, Griller und Eistheke. Wir schauen auch noch auf ein Glas Wein und etwas Eis vorbei. Einige Gäste sind schon gegangen, die restlichen sind schon ziemlich bedüdelt. Wir plaudern noch, sind aber froh, dass wir ein etwas besinnlicheres Essen hatten. Und am ersten Weihnachtstag gibt es dann zur Jause noch Weihnachtsstollen zum Abrunden (unserer Figur).

Endlich steht fest, dass wir am kommenden Dienstag, den 29.12. ablegen können. Der Wetterbericht sagt schon seit Tagen voraus, dass der Wind auf Nord drehen wird. Die Wellen im Atlantik bleiben zwar um die 4m hoch, aber das ist bei kräftigem Wind zu verkraften. Im ganzen Hafen macht sich langsam Aufbruchstimmung breit. Denn nicht nur wir haben auf den Wetterwechsel gewartet. Der Hafen platzt bereits aus allen Nähten. Samstag kommen noch Sonja und David aus Wien mit ihrer Molimentum von Teneriffa herüber. Sie bekommen nur mehr einen Platz an der Hafenmole und werden ordentlich durch geschaukelt.

Am Sonntag fahren wir nochmals zu Helga, um uns von Pascual zu verabschieden. Denn Helga kommt am Dienstag zum Hafen, um uns zu winken. Auf der Heimfahrt im Bus sind auch einige Franzosen mit Kindern, die wir schon auf der Hinfahrt gesehen haben. Eric kommt mit ihnen ins Gespräch. Nach einiger Zeit fragt Eric einen von ihnen, ob er nicht vielleicht in Frankreich in der Telecom Bretagne studiert hat, denn er käme ihm so bekannt vor. Und tatsächlich, sie haben vor 12 Jahren dieselbe Schule besucht und waren sogar gemeinsam tauchen. Es war Silvain für diejenige, die ihn kennen.

Die letzten Tage in Gomera verbringt Eric in der hinteren Backskiste, um die Farbe aufzubringen. Um durch das kleine Loch in den nächsten Abschnitt zu gelangen, muss er sich total verkrümmen. Sollten wir nach unserer Rückkehr keine Arbeit finden, kann er sich als Schlangenmensch anbieten.

Montag abends gibt es eine Abschiedsrunde im TO-Stammlokal. Visitenkarten werden noch ausgetauscht. Auch Molly, Andys Hündin und Capitano, der verwöhnte Marinakater werden ein letztes Mal gestreichelt. Wir gehen zusammen mit Lisa und Charly ein letztes Mal ins La Tasca essen, dann ziehen wir uns für eine letzte Nacht, in der wir durch schlafen können, auf unsere Boote zurück.