3.3.2010: Gegen 6 Uhr früh legen wir von Barbados in Richtung Martinique ab. Auf der Höhe von Speightstown funken wir noch einmal zum Abschied mit Lisa und Charly von der Bomika. Über Funk hören wir, dass es Schießübungen mit scharfer Munition im Norden-Westen von Barbados gibt und man dieses Gebiet daher meiden muss. Kurze Zeit später sehen wir ein großes Motorboot hinter uns. Als es nahe genug ist, sehen wir, dass es ein Boot der Küstenwache ist und dass es auf uns zuhält. Wir holen uns schnell etwas zum Anziehen, denn so weit von Land entfernt, braucht man normalerweise keine Kleidung. Eric holt das Handfunkgerät, falls sie Kontakt mit uns aufnehmen möchten. Aber sie benutzen stattdessen ein Megaphon und fragen, wohin wir unterwegs sind. Als wir ihnen Martinique als Ziel nennen, sind sie zufrieden. Sie ersuchen uns, den Kurs nicht zu ändern und warnen uns nochmals vor den Schießübungen.
Die weitere Überfahrt verläuft ereignislos, wir haben guten Wind und treffen eine halbe Stunde vor Mitternacht an der Einfahrt zur riesigen Bucht von Le Marin ein. Diese Bucht ist sehr gut geschützt, es gibt aber einige Riffe, die beinahe bis zur Wasseroberfläche reichen. Diese Riffe sind besonders bei Sonnenschein unter tags gut sichtbar, nachts muss man sehr sorgfältig auf die Einfahrtslichter achten. Diesbezüglich haben sich in der Karibik die Engländer durchgesetzt und die Farben rot und grün haben genau die umgekehrte Bedeutung wie im Mittelmeer. Bei der Einfahrt in einen Hafen oder eine Bucht muss man also die roten Lichter auf Steuerbord (rechten Seite in Fahrtrichtung) und die grünen auf Backbord (linken Seite in Fahrtrichtung) lassen. Da wir die Seekarte elektronisch auf einem Display im Cockpit haben, können wir sehr schön die Lichter, die in der Karte angegeben sind, mit der Wirklichkeit vergleichen. Wir orientieren uns zuerst nach dem Sektorenfeuer, das am Club Med stationiert ist. Dabei muss man so fahren, dass man immer das weiße Licht sieht, wenn es rot wird, sind wir zu weit nach rechts gefahren, wenn es grün wird, zu weit nach links. Kurz vor dem Club Med gibt es eine S-Kurve, die auch gut zu erkennen ist. Doch danach sollte es auf der rechten Seite wieder ein rotes Licht geben und dahinter weitere. Wir können aber keine roten oder grünen Lichter mehr sehen, nur eine riesige Hafenmole, die oben stark beleuchtet ist. Wir schauen in die Karte. Keine Mole eingezeichnet. Nur freies Wasser (abgesehen von den Riffen). Der Hafen ist noch ziemlich weit entfernt. Wir fahren langsam näher, sorgsam die Tiefenanzeige im Auge behaltend. Und ganz allmählich wird aus der Hafenmole ein riesiges Schiff der Firma Dockwise. Auf diesem Schiff kann man sein eigenes Boot transportieren lassen. Wer also nicht selbst den Atlantik überqueren möchte, lässt das durch Dockwise erledigen. Zum Beladen wird das riesige Schiff geflutet und man fährt mit dem Boot hinein. Als wir gerade daran vorbeifahren, ist es aber nicht geflutet, daher sehen wir nur eine Mauer, die aus dem Wasser ragt und oben ist die normale Decksbeleuchtung. Leider ist es am nächsten Tag geflutet und raht daher kaum aus dem Wasser, also keine Fotos (Yacht Transport für Neugierige).
Nachdem wir diese falsche Hafenmole umrundet haben, sind auch alle roten und grünen Lichter wieder zu sehen und wir können problemlos zum Hafen fahren. Wir rufen über Funk im Hafen an, um einen Liegeplatz zu erfragen. Doch offensichtlich sind alle im Tiefschlaf und wir erhalten keine Antwort. Wir überlegen, ob wir einfach an der Tankstelle anlegen sollen, doch dann müssten wir wieder gegen 6 Uhr aufstehen, bevor die Tankstelle öffnet. Deshalb fahren wir aus dem Hafen heraus und suchen uns einen Platz zum Ankern. So viele Boot vor Anker wir hier, haben wir noch nie gesehen. Glücklicherweise scheint der Mond, daher kann man genug sehen. Wir ankern in einer Bucht der Bucht, in der noch genug Platz ist, da sie schon ziemlich weit vom Hafen entfernt ist. Hier ist es total ruhig und wir können sehr gut schlafen.
In der Früh können wir endlich mehr von unserer Umgebung sehen, als nur dunkle Berge und Lichter. Martinique ist wunderschön grün, wir sehen bewaldete Berge und auch die Riffe sind jetzt als braune Flecken umgeben von türkisgrünem Wasser, das ebenfalls eine Untiefe anzeigt, zu erkennen. Nach dem Frühstück fahren wir in den Hafen von Le Marin.
Am Liegeplatz festgemacht, geht Eric zur Capitainerie, um den Liegeplatz zu bezahlen und zum Zoll, zum Einklarieren. Das ist hier in Frankreich sehr bequem, denn Martinique ist ein Departement (quasi Bundesland) von Frankreich und daher sogar Teil der europäischen Union. Man muss nur im Computer am Zoll die Daten erfassen, ausdrucken, unterschreiben und damit plus Pässen und Bootspapieren zu einem Beamten, der abstempelt und fertig. Und bezahlen muss man auch nichts. Für sonstige Einkäufe zahlt man in Euro. Auch sonst hat man den Eindruck in Südfrankreich zu sein. Der einzige Unterschied ist, dass die Bevölkerung mehrheitlich von aus Afrika verschleppten Sklaven abstammt und die Insel vierzehn Familien gehört, die damit das Sagen haben.
Nach dem Zoll besuchen wir Lisa und Helmut auf der Alumine ein paar Stege weiter. Lisa und Helmut haben bereits von 1997-2002 Jahren die Welt umrundet und ein sehr amüsantes Buch „Tagträume und Nachtwachen, Geschichten einer Weltumsegelung“ geschrieben. Über den österreichischen Hochseeyachtclub haben wir sie kennengelernt und sie haben sich sehr bemüht, uns möglichst viel von ihren eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Sie haben laufend unsere Route beobachtet und per Mail schon gefragt, wo wir den bleiben. Wir freuen uns sehr einander wiederzusehen und werden sofort mit allen wichtigen Informationen über Martinique und die weiteren Karibikinseln versorgt.
Die nächsten Tage sind vor allem dem Boot gewidmet. Das Großsegel und die Lazy-bags (das ist die Tasche in die das Großsegel hineinfällt, wenn es geborgen wird) müssen geringfügig repariert werden. Der Außenbordmotor streikt, weil er zu lange nicht benutzt wurde. Das Boot ist dreckig, weil es auf den Cap Verden in Sal voll mit rotem Staub berieselt wurde und wir seither nicht ausreichend Süßwasser hatten um es zu waschen. Zusätzlich muss die Wäsche wieder gewaschen und die Vorratskammer mit feinen Sachen zum Essen gefüllt werden.
Freitag abends führt uns Lisa zum Stammtisch der deutschsprachigen Seglergemeinde, da gibt es in der Mangobay, einem Lokal im Hafen, Happy Hour mit 2 Bier zum Preis von einem. Wir lernen einige Segler kennen unter anderem Marion und Gerhard von der Blue Lagoon.
Nachdem wir alles im Hafen erledigt und uns zwischendurch auch regelmäßig mit Lisa und Helmut getroffen haben, ankern wir mit Aroha vor St. Anne am Eingang zur Bucht von Le Marin. Am nächsten Tag besichtigen wir St. Anne und spazieren den Kreuzweg hinauf zu einer Kapelle und an das Ortsende zum Friedhof, der sehr schön am Felsen oberhalb vom Meer gelegen ist.
Anschließend verlegen wir uns wieder in die Bucht von Le Marin hinter den Club Med neben die Blue Lagoon von Marion und Gerhard. Wir laden einander gegenseitig zur Jause oder zum Abendessen ein und tauschen Erfahrungen aus. Sie kennen viele Inseln der Karibik und da sie seit einigen Jahren immer längere Zeit auf Martinique in Le Marin verbringen, auch viele Segler, die diese Bucht als zweite Heimat gewählt haben. Marion und Gerhard leben an Bord des sehr gut ausgestatteten Katamarans, es gibt sogar einen Geschirrspüler und eine Waschmaschine, gemeinsam mit dem knapp 1 Jahr alten Hund Foxy und dem Kater Tiger.
Wir begleiten Gerhard bei einem Spaziergang mit Foxy auf das kleine Inselchen neben unseren Booten. Bei unserem Ausflug erzählt Gerhard, dass normalerweise keine Blätter am Boden liegen und rascheln sondern vermodern würden. Bereits im Hafen hatte man uns gebeten Wasser zu sparen, da es seit Monaten nicht geregnet hat, was für Martinique sehr außergewöhnlich ist.
Anschließend gibt es Kaffee und Kuchen auf der Blue Lagoon und, da wir genug Stoff zum Plaudern haben, wird aus der Jause gleich noch ein Sundowner.
Der nächste Tag ist ein Sonntag und die Sonne scheint auch. Wir legen in der Nähe des Club Meds mit unserem Beiboot an und spazieren nach St. Anne und von dort einen Wanderweg an der Küste entlang bis zur Grande Anse des Salines. Das ist ein sehr schöner Strand mit fast weißem Sand. Auch unterwegs kommen wir an einigen Stränden vorbei. Überall haben ganze Familienclans Sonnenzelte und große Griller aufgebaut und schleppen tonnenweise Essen an. Alle Altersstufen sind vertreten. Vom Säugling, der in einem Bettchen unter einem Baum im Schatten schläft bis zum Urgroßvater, der neben dem Weg sitzt als würde er den Eingang zum Picknickplatz bewachen. Einige Jugendliche haben auch ihre CD-Player und einen Generator mitgebracht, um den dafür notwendigen Strom zu erzeugen.
Montag, den 15.3.2010 fahren wir mit unserem kleinen Beiboot in den Hafen zum Ausklarieren. Es weht ein starker Wind und kleine Wellen bauen sich auf, die vorne bei Beiboot überkommen und wir sind klatschnass als wir an Land eintreffen. Und wirklich klatschnass, so sehr, dass Eric, nachdem er die Daten für die Ausreise in den Zollcomputer eingegeben hat, den Sitz mit einem Taschentuch abwischen muss, damit der nächste keinen nassen Hintern bekommt.
Unser nächstes Ziel ist St. Lucia, denn dort werden wir endlich ein ordentliches Beiboot kaufen. In St. Lucia kann man steuerfrei fürs Boot einkaufen und dort bekommt man auch die Beiboote, die die starke UV-Strahlung aushalten, ohne sich nach einigen Monaten aufzulösen.